Im Gespräch

mit Dr. Bernd Salfner, pensionierter Kinderarzt und Künstler aus Waldshut-Tiengen

Dr. Bernd Salfner arbeitet einer Skulptur aus Papier

Herr Salfner, seit über 40 Jahren sind Sie als freischaffender Künstler tätig, wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Als Kleinkind. Vor allem Zeichnen war immer mein Mittel, Emotionen auszudrücken – und zu verarbeiten. In meinem Leben als Arzt war es so: je größer die berufliche Belastung, desto intensiver die Beschäftigung mit der Kunst als Katalysator.

Bei Seipp Wohnen spielt das Thema Kunst in Kombination mit Einrichtung eine wichtige Rolle – wir zeigen Werke von zeitgenössischen und regionalen Künstlern in unserer Ausstellung. In unserem Tiengener Einrichtungshaus sind derzeit drei Ihrer Werke ausgestellt. Welche Bedeutung hat das Thema Kunst in der Einrichtung für Sie?

Das ist nicht so leicht zu beantworten. Ein Kunstwerk ist ein Einzelexemplar, unterstreicht also die Persönlichkeit des Einrichtenden, auch die Individualität.

Die Einrichtung sagt ebenfalls viel aus über die Personen, die dort wohnen. Die Kunst ist das unverzichtbare i-Tüpfelchen. Eben ein Alleinstellungsmerkmal. Das nicht nur als Dekoration gesehen werden soll.

Unter den ausgestellten Werken befindet sich das Ölgemälde „Atlantis“. Können Sie uns etwas über dessen Entstehung erzählen?

Das Bild gehört zu der Reihe großformatiger Arbeiten mit dem Titel „Lichträume“. Ich versuche dabei Stimmungen, die ich in der Natur wahrnehme, zu verdichten. Durch eine von mir entwickelte Malweise beginnen die Farben „von innen“ zu leuchten. Die Bilder haben dadurch oft einen meditativen Charakter.

Welche Bedeutung hat Farbe und deren Wirkung in Ihren Werken?

Eine zentrale Bedeutung. Die Zeichnung schafft den Raum, aber die Farbe schafft die Emotion.

Gern würden wir auch mehr über Ihre legendären Schweinchen Bilder erfahren.

Es begann eigentlich banal. Die großen Bilder werden aus einer Farbe heraus entwickelt. Deshalb ist es notwendig, die gesamte Menge der Ölfarbe bereits zu Beginn anzusetzen. Die Folge ist, es bleibt immer viel Farbe übrig. Und Ölfarbe ist teuer. Deshalb male ich nach jedem großen Bild mit den Restfarben ein kleines Bild.

Schweineleben werden es, da man damit sehr schöne Parallelen zu Menschlich- allzu- Menschlichem ausdrücken kann. So gibt es beispielsweise eine Serie mit „Musikerschweinen“, aber auch häusliche Vorkommnisse, die man auf diese Weise humorvoll verdichten kann.

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Das Papier für Ihre filigranen und zerbrechlich wirkenden Papierskulpturen stammt aus dem Karteischredder. Wie kamen Sie zu Ihren schwebenden Installationen aus geschreddertem Papier?

In unserer Praxis hatten die Mädchen rosafarbene, die Jungen blaue Karteikarten und die Laborkarten waren gelb. Wenn die Kinder erwachsen wurden, mussten die Karteikarten aus Gründen des Datenschutzes geschreddert werden. Und da standen nun die Säcke mit den farbigen Schredder. Darin enthalten ein Museum von Kinderleben, Elternleben und meines eigenen Lebens. Als Künstler war es mir unmöglich, diese Säcke einfach zu entsorgen.

So entstanden über viele Jahre luftige Skulpturen, die eigentlich Zeichnungen im Raum sind. Ihr Geheimnis liegt in zwei Dingen: Ich nutze die Eigenspannung des Papiers für die Statik und ich entwickle die Figuren aus einer zufälligen zweidimensionalen Struktur heraus.

Es dauerte vier Jahre, die Statik zu durchschauen (die Figuren hängen nur an einem dünnen Nylonfaden) und 40 Jahre, die menschliche Anatomie ohne Modell im Kopf zu haben. So bin ich der einzige Künstler geworden, der solche Raumzeichnungen macht.

Zum besseren Verständnis eine Antwort auf die häufigste Frage, die mir gestellt wird: „Wie transportieren Sie diese zarten Dinge?“. Ganz einfach, ich mache den Kofferraum auf und werfe sie hinein. Beim Herausnehmen schüttle ich sie und sie sind wieder in Form.

Ganz aktuell findet zu Ihrem 75. Geburtstag noch bis zum 26. März Ihre Ausstellung „Arbeiten auf Papier. Arbeiten mit Papier“ im Tiengener Schloss statt. Worauf können wir uns freuen?

Zu sehen sind ausschließlich Bilder auf Papier und Skulpturen aus Papierschredder. Papier ist ein wunderbarer Stoff, um Poesie in die Kunst zu bringen. In einer Zeit, in der alles laut, glatt und reproduzierbar daher kommt, ist besonders das Aquarell eine Technik, die leise ist und sehr poetisch sein kann.

Die Techniken reichen von Aquarellen über Acrylbilder, Collagen und Radierungen bis zu einer Installation mit fünf, meiner inzwischen 73 Malbüchern. Im Schlosskeller werden Installationen mit meinen Skulpturen aus Karteikarten-Schredder zu sehen sein. Alles ohne Rahmen, also kein Glas, das den Besucher auf Abstand hält.

Dr. Bernd Salfner

  • 1942 geboren in Bayreuth
  • 1977-2004 als Kinderarzt in Waldshut-Tiengen tätig
  • seit 1977 als freischaffender Künstler in Waldshut-Tiengen tätig mit zahlreichen Ausstellungen, Projekten und Symposien in der Region sowie auswärts. Ebenfalls war er Kurator bei der „Kunst in der Villa“ und im Verein „Freunde Schloss Tiengen“

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